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Der tschechische Maler Pavel Richtr, der einige Jahre in Lüneburg und in Bleckede lebte, wird 2012 70 Jahre alt; für uns ist dies Anlaß für eine erneute Werkschau, bei der seine neuesten Arbeiten im Vordergrund stehen sollen. „Zerschriftungen“ nennt Richtr seine Arbeiten, meist großformatige Leinwände, die ausschließlich Schrift abbilden. Handschrift, Druckschrift, Schablonenschrift, gesprayte Schrift. Schrift von Rand zu Rand, in zwei, drei, vier Schichten übereinander. Da, wo im Zeichengetümmel einzelne Buchstabenfolgen als Wörter entzifferbar scheinen, ergeben sie keinen Sinn. Richtr achtet sorgsam darauf, dass ihm beim Schreiben nicht etwa zufällig ein verstehbares Wort dazwischen gerät. Nichts soll von dem, worum es ihm geht : von der Schrift als Bild - ablenken. Bevor Richtr 1969 nach Deutschland emigrierte, verstand er sich als Maler ebenso wie als Schriftsteller. Er schrieb Theaterstücke, Essays, Gedichte für einen kleinen Kreis junger Intellektueller und für die Schublade. Seine Texte der Zensur des sich sozialistisch nennenden Regimes vorzulegen, lehnte er als Verrat an seiner Arbeit ab. Genauso zeigte er seine Bilder in Prag nur in privaten Atelier- und Wohnzimmerausstellungen. Erst in Deutschland – fremd im fremden Sprachraum – ließ Richtr ganz vom Schreiben ab und malte. Wenn er inzwischen seit fast 20 Jahren seine ursprünglich nebeneinander betriebenen Kunstformen symbiotisch vereint, mag das auch an der tschechischen Neigung zum Hintersinn liegen. Schrift ohne Sprache – Antwort auf eine Welt, die überquillt von medialem Getöse, von Berichten, Nachrichten, Meinungen und Gegenmeinungen, von Pathos und Sprechgeräusch. Eine Welt, die sich in der Schwemme der widerstreitenden Informationen selbst abhanden kommt?